Innovation

Das Energiesystem der werkkraft

Grundlage des innovativen Energiesystems der werkkraft ist die Sektorenkopplung. Im Werksviertel-Mitte werden die Energiesektoren Strom, Wärme und Kälte konsequent zusammengedacht, mit dem Ziel, die Verluste bei der Energieerzeugung so gering wie möglich zu halten. Normale Gaskraftwerke erzielen einen Wirkungsgrad von etwa 40 Prozent. Moderne Kohlekraftwerke kommen auf 50 Prozent. Das heißt: Die Hälfte oder sogar noch mehr Energie geht dort bereits bei der Erzeugung verloren. Nicht so im Werksviertel-Mitte! Hier erreichen wir bei der Energieerzeugung einen Wirkungsgrad von über 95 Prozent. Wie wir das schaffen? Indem wir die Wärme, die bei der Stromerzeugung entsteht, als Nahwärme nutzbar machen oder in Nahkälte umwandeln. Ins Energiesystem des Werksviertel-Mitte sind zudem unsere eigenen PV-Anlagen sowie unsere Grundwasserbrunnen integriert.

Die Sektorenkopplung – ein ganzheitliches System

Schlüssel für die Energieeffizienz unseres Energiesystems ist die Sektorenkopplung. Indem wir Strom, Wärme und Kälte konsequent zusammendenken, entsteht ein ganzheitliches System, in dem kaum Energie verloren geht (Wirkungsgrad: < 95 Prozent). 

Und so funktioniert die Sektorenkopplung im Detail: 

1. Unsere beiden Blockheizkraftwerke (BHKW) erzeugen primär Strom. Durch den Betrieb der BHKW entsteht zugleich Wärme, die wir zur Einspeisung in unser lokales Nahwärmenetz nutzen. Mithilfe dieser (Ab-)Wärme erzeugen wir zugleich Kälte.

2. Strom verteilen wir an die angeschlossenen Werke und Verbraucher wie Hotels, Unternehmen und Anwohner. (850 kW elektrische Leistung je BHKW).

3. Wärme der BHKW nutzen wir zur Deckung des Wärmebedarfs in Form von Raumwärme und Warmwasser. Sie wird direkt in das bestehende Nahwärmenetz eingespeist.

4. Kälte wird mittels Wärme der BHKW durch zwei Absorptionskältemaschinen (AKM) und einer Kompressionskältemaschine erzeugt. Die Maschinen werden mit dem eigenen PV-Strom und dem BHKW-Strom betrieben. Die Kälte dient der Deckung des Kältebedarfs im Viertel und wird direkt in das bestehende Nahkältenetz eingespeist.

Durch die mehrfache konsequente Kopplung von Strom, Wärme und Kälte wird die Energie in unserem Energiesystem fast vollständig verwertet.

Ein Blick auf einzelne Teile unseres Energiesystems:

Das BHKW - das Herz der Energiezentrale

Strom und Wärme gekoppelt

Sektoren:

  • Input: Erdgas
  • Output: Wärme + Strom (Kraft)
 

Unser Blockheizkraftwerk (BHKW) wird wärmegeführt betrieben. In unserem BHKW verbinden wir also die Sektoren Wärme und Kraft. Dieser Vorgang ist als Kraft-Wärme-Kopplung bekannt. Blockheizkraftwerke zeichnen sich durch ihren hohen Wirkungsgrad von über 90 Prozent aus. Technisch kann man es sich wie einen Otto-Motor vorstellen, nur dass bei diesem die Wärme an die Umwelt abgegeben wird. In unserem BHKW wird die Wärme dagegen durch Wärmeaustausch mittels Gemischkühlung, Ölkühlung, Motorkühlung und Abgaskühlung aufgefangen. Den größten Anteil an der Wärmerückgewinnung macht die Abgaskühlung aus. Das Abgas tritt mit Temperaturen von 400–500 °C aus dem Motor aus und wird auf ca. 120 °C ausgekühlt.

Für BHKW gibt es verschiedene lohnende Einsatzgebiete. Dazu gehören Fern- und Nahwärmenetze, Stadtquartiere, aber auch wärmeintensive Industriebetriebe, wie zum Beispiel Getränkehersteller. BHKW eignen sich überall dort, wo Prozesswärme benötigt wird. Eine wichtige Eigenschaft macht BHKW zudem zu  Notstromaggregaten. BHKW laufen schnell an. Unsere sind zudem schwarzstartfähig. Das heißt, die BHKW fahren selbst bei Stromausfall wieder an und halten das Netz in Kombination mit unserem Batteriespeicher stabil.

In Zukunft könnten wir unsere BHKW mit Biogas oder – wenn möglich – grünem Wasserstoff betreiben.

Kennzahlen (für ein BHKW):

  • Thermische Leistung: 1111 kW
  • elektrische Leistung: 850 kW
  • Thermischer Wirkungsgrad: 51 %
  • Elektrischer Wirkungsgrad: 39 %
  • Gesamtwirkungsgrad (Brennstoffausnutzungsgrad): 90 %
  • Kraftstoffverbrauch (Erdgas) bei Volllast: 216 m3/h (219,5 Nm3/h)
  • Drehzahl (Volllast): 1.500 U/min
  • Die elektrische Leistung des BHKWs entspricht 1.156 PS.

Der Pufferspeicher – eine ziemlich große Thermoskanne

Mehr Flexibilität für unser Energiesystem

Sektoren:

  • Input: Wärme
  • Output: Wärme
 

Es kommt vor, dass wir mehr Wärme produzieren, als gerade benötigt wird. Doch statt unsere wärmeproduzierenden Blockheizkraftwerke (BHKW) zu drosseln, speichern wir die Wärme lieber zwischen. 

Warum? BHKW arbeiten bei Volllast effizienter. Indem wir häufiges Ein- und Abschalten oder das Takten von Wärmeerzeugern vermeiden, betreiben wir die Anlagen insgesamt schonender. So können wir den Verschleiß reduzieren und die Lebensdauer unserer BHKW erhöhen.

Der Pufferspeicher befindet sich zwischen Wärmeerzeugern und Wärmenetz (bzw. unseren Wärmeabnehmern). Erzeuger- und Nutzerseite sind also voneinander technisch und zeitlich getrennt und können – wann immer nötig – wieder gekoppelt werden. Die isolierten Wassertanks kann man sich wie eine große Thermoskanne vorstellen. Die offizielle Bezeichnung heißt thermisch isolierter Warmwasserspeicher. Die maximale Wassertemperatur im Speicher liegt bei 96 °C. Die Mindesttemperatur liegt bei ca. 60 °C.

Gut zu wissen: Der Wirkungsgrad eines Heizsystems erhöht sich durch den Einsatz von Pufferspeichern um 10 bis 20 Prozent.

Kennzahlen:

  • Volumen: 2 x 12.000 l = 160 randvoll gefüllte Standard-Badewannen (150 l)

  • Gespeicherte Wärme: ca. 1003,2 kWh = 2 Monate Wärmebedarf eines neugebauten Einfamilienhauses (150 m²)

  • Temperaturspreizung: ca. 36 K (Temperatur max. ca. 96 °C, Temperatur min. ca. 60 °C)

Die Absorptionskältemaschinen – Das Kühlschrank-Prinzip

Noch mehr Energieeffizienz dank Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung

Sektoren:

  • Input: Wärme (aus BHKW)
  • Output: Kälte
 

Kälte ist so etwas wie der Champagner in unserem Energiesystem, das i-Tüpfelchen. Vor dem Hintergrund immer wärmer werdender Sommer wird Kälte in den durch Versiegelung besonders aufgeheizten urbanen Räumen allerdings immer wichtiger werden. Normalerweise wird Kälte in Industrieprozessen in der Textilindustrie, der chemischen Industrie, der Lebensmittelindustrie oder aber der Elektronikindustrie gebraucht.

Unsere Kälte gewinnen wir mit Hilfe von Absorptionskältemaschinen (AKM). In ihnen wird Wärme aus unserem BHKW durch das Zusammenspiel eines Kältemittels und eines Absorptionsmittels in Kälte umgewandelt. Ab einer Temperatur von 0 Grad können wir Kälte auch aus der Umgebung gewinnen, so dass wir die dann wertvolle Heizungswärme nicht für die Kälteproduktion verbrauchen.

Mit der AKM wird Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung realisiert. Damit werden insgesamt drei Sektoren mit einem Brennstoffstrom versorgt.

Kennzahlen:

  • Kühlleistung: 2 x 787 kW

  • Kältemittel: entionisiertes Wasser

  • Absorptionsmittel: Lithiumbromid (LiBr)

Die Hochtemperaturwärmepumpe – Aus warm wird heiß

Die Abwärme der Kältemaschinen nutzbar machen

Sektoren:

  • Input: Strom und Abwärme (der Absorptionskältemaschine) 
  • Output: Wärme
 

So wie wir mit unseren Absorptionskältemaschinen (AKM) aus Wärme Kälte machen können, können wir Kälte auch in Wärme umwandeln. Dafür sorgt unsere Hochtemperaturwärmepumpe (HTWP). Energiequelle ist hier die Abwärme aus dem Rückkühlkreislauf unserer AKM. Die Temperatur der Abwärme wäre zum Heizen viel zu kalt. Sie liegt nämlich bei nur 33 °C / 27 °C. Mit unserer Hochtemperaturwärmepumpe, in der wir das Kühlschrank-Prinzip einfach umdrehen, bringen wir die Abwärme der AKM auf ein für das Heizen brauchbares Temperaturniveau von 80 °C. Auf diese Weise nutzen wir die Energie des von uns in den BHKW eingesetzten Erdgases zum 4. Mal:

Erdgas -> Stromerzeugung (BHKW), Wärmeerzeugung (BHKW) -> Kälteerzeugung (AKM) -> Wärmeerzeugung aus Abwärme der AKM (HTWP)

Klassische Wärmepumpen nutzen Kältequellen wie Luft, Grundwasser oder Erdwärme. Diese unterliegen jahreszeitabhängigen Schwankungen, wodurch auch die Effizienz der HTWP schwanken würde. Durch die konstante Temperatur der Abwärme aus den AKM gibt es diesen negativen Effekt bei unserer HTWP nicht.

Im Werksviertel sind zwei HTWP in Reihe geschaltet. Somit kann in zwei Schritten ein großer Temperaturhub bei einem vergleichsweise guten COP-Wert (Coefficient of Performance, die Leistungszahl einer Wärmepumpe) erreicht werden.

Kennzahlen:

(für Reihenschaltung der beiden WP)

  • Heizleistung: 1281 kW, (Kälteleistung: 985 kW)

  • COP-Heizbetrieb: 3,98 (COP-Kühlbetrieb: 3,06)

  • Temperaturniveaus: 40 °C -> 61,3 °C (1.WP) und 61,5 °C -> 80 °C (2.WP)

Power-to-Heat-Anlage

Aus Strom wird Wärme

Sektoren:

  • Input: Strom
  • Output: Wärme
 

Mit unserer Power-to-Heat-Anlage können wir überschüssigen Strom in Wärme umwandeln. In der Regel ist Strom wertvoller als Wärme. Ist dies nicht der Fall, sorgt die Power-to-Heat-Anlage für eine bessere Kostenbilanz. Das Funktionsprinzip ist identisch mit dem eines elektrischen Durchlauferhitzers. Durchfließendes Wasser wird mit einem integrierten Heizstab erhitzt.

Kennzahlen:

  • Thermische Leistung: 250 kW (zum Vergleich: Ein Wasserkocher arbeitet mit 1,8 KW)
  • Wirkungsgrad: (typischerweise >90 %)
  • Auslegungstemperatur bis 105 °C

Rückkühlwerke für freie Außenkühlung

Sektoren:

Input: Strom und Umweltkälte

Output: Kälte

Bei geringen Außentemperaturen von unter 1 °C können wir dank unserer Rückkühlwerke die Kälteversorgung durch freie Kühlung sicherstellen und wertvolle Heizungswärme sparen. Die Rückkühlwerke nutzen kalte Außentemperaturen und gewinnen dabei Kälte aus der Umwelt. Diese wird ohne den Betrieb von Kältemaschinen direkt durch die Rückkühlwerke in das Kaltwassernetz gespeist. In unseren Rückkühlwerken kommen hybride Trockenkühler zum Einsatz, bei denen der Wärmeaustausch im Lamellenwärmetauscher mit angesaugter Außenluft abläuft. Am ehesten sind die Kühler mit der Funktionsweise eines Ventilators vergleichbar.

Kennzahlen:

  • Kälteleistung: 3x 1019 kW 

Sonnenenergie fürs Werksviertel-Mitte

Direkt im Werksviertel-Mitte unterhalten wir PV-Anlagen auf den Dächern WERK13 und WERK7, den ehemaligen Kartoffellagerhallen von Pfanni. Die Anlagenleistung hier liegt bei insgesamt rund 100 kWp.

Die OTEC, die das Werksviertel-Mitte plant und realisiert, setzt bereits seit 2008 auf erneuerbare Energien durch PV. Die zwei Anlagen wurden in Radersdorf realisiert. Seit Juli 2021 kümmert sich die werkkraft um die Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtfläche von 4.000 m². Die Anlagenleistung beträgt rund 654 kWp. Der spezifische Solarertrag liegt bei 890 kWh/kWpa. Pro Jahr hilft uns allein diese Anlage ca. 197,5 Tonnen CO2 einzusparen. 

Der grüne Strom, den wir in Radersdorf und im Werksviertel-Mitte erzeugen, wird direkt für den eigenen Bilanzkreis der werkkraft genutzt. 

Der Batteriespeicher

Lastspitzenausgleich + Notfallreserve

Mut zur Innovation und unser Anspruch an die Versorgungssicherheit und unsere Netzqualität sind die treibenden Kräfte hinter unserem Batteriespeicher. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme war dies einer von weltweit insgesamt zwei Batteriespeichern. Das Besondere: Unser Batteriespeicher arbeitet auf Mittelspannungsebene von 10 kV. Die meisten Batteriespeicher laufen auf Niederspannung. Der Betrieb auf Mittelspannungsebene ermöglicht uns im Gegensatz zum Niederspannungsbetrieb eine verlustärmere Übertragung.

Mit unserem Batteriespeicher können wir Lastspitzen ausgleichen und – was sogar wichtiger ist – die sinusförmige Wechselspannung in unserm Netz frei von harmonischen Verzerrungen und anderen Abweichungen halten. Clean-Voltage nennt man dieses Prinzip, mit dem wir die Lebensdauer empfindlicher elektrischer Geräte erhöhen und Produktionsausfälle verhindern, die entstehen würden, wenn unsaubere Spannung Produktionsgeräte zur Abschaltung zwingt.

Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme war dies einer von weltweit insgesamt zwei Batteriespeichern auf Mittelspannungsebene.

Redundanz

Sicher ist sicher

Sektoren:

Input: Erdgas

Output: Wärme

Unser hochmoderner Gaskessel – in der Ausführung als Brennwertgerät erreicht er durch Nutzung der Kondensationswärme im heißen Abgas sehr hohe Wirkungsgrade von über 90 Prozent und kann mit einer Leistung von 2 Megawatt mehr Wärme produzieren als unsere beiden BHKW. 

Allerdings ist er nicht so effizient. Warum wir ihn dennoch benötigen? Um für den Fall einer Störung eines BHKW gerüstet zu sein. Der Gaskessel ist unser Backup, damit wir die Wärmeversorgung im Werksviertel-Mitte zu jedem Zeitpunkt sicherstellen können.

Da ein standardisierter Großwasserraumkessel in seiner üblichen Bauform aufgrund der beengten Möglichkeiten der Energiezentrale und der gewünschten Leistung nicht in den Raum gepasst hätte, setzen wir auf einen Kessel mit Flächenbrenner, der eine wesentlich kleinere Bauform aufweist. 

Gemeinsam die Energiewende gestalten:
Lassen Sie uns ins Gespräch kommen!

Nutzen Sie die einzigartige Umgebung des Werksviertel-Mitte und unsere Expertise für Ihre innovativen Energieprojekte. Ob Gemeinde, Unternehmen, Verband, Universität oder Start-up – wir sind gespannt auf Ihre Ideen und bereit, neue Lösungen gemeinsam zu entwickeln. Vereinbaren Sie jetzt einen Termin, um das volle Potenzial einer Zusammenarbeit auszuloten!